THIS BLOGPOST IS A REACTION TO MY COLLEAGUE CHRISTOPH'S POST. Sorry for writing in German, but this is about integration in German speaking countries. Feel free to use Google Translate in case you are interested.
Sehr guter Blogpost, Christoph!
Ich gebe dir mit nahezu allem Recht. In einem Punkt muss ich dir allerdings widersprechen und würde hierzu meine eigene Erfahrung beisteuern.
Die Integration der türkischen Minderheit in Deutschland und Österreich (und in noch extremeren Maße in der Schweiz) ist leider schon vor Jahrzehnten aus dem Ruder gelaufen. Ich spreche nahezu fließend Türkisch und habe einige Zeit in Istanbul gelebt. Deine These der Integration durch Sprache und gemeinsame Aktivitäten ist richtig und nobel - sie hat aber einen Haken: Sie trifft nur dann, wenn dein Gegenüber nicht die Hoffnung und sogar den Wunsch nach Integration längst aufgegeben hat.
Diejenigen Türken, die Akademiker wie du und ich meistens kennen, sind ohnehin die besser integrierten. Dazu gehören selbstverständlich Kollegen aus Studium und Praktikum, aber auch in vielen Fällen der Dönermann aus der Fußgängerzone mit dem passablen Deutsch. (Noch extremer würde das Diktum ausfallen, wenn du "richtige" Türken, wie einen gemeinsamen Freund von uns mit den Minderheiten in unseren Heimatländern vergleichen würdest).
Das Problem - vor allem in deutschen Großstädten, wie Berlin - aber auch in Österreich - und das darf selbst ich als Piefke sagen - ist, dass eine ganze Subkultur entstanden ist, die Integration aus Sicht der Türken zwar weiterhin möglich, nicht aber nötig erscheinen lässt. Gehe ich durch Berlin Kreuzberg (und in abgeschwächter Form sicherlich auch durch das ein oder andere Wiener Viertel), so fühle ich mich, als Türkei-Liebhaber "zuhause". Die Reklamen sind dieselben wie in Istanbul und auch die Läden sind ähnlich. Was anders ist? Geht man nicht gerade durch die konservativen Viertel Istanbuls, wie etwa Fatih, so sind Frauen im Kopftuch eher eine Minderheit. Die europäische Mode überwiegt. In Kreuzberg hingegen zählen Tradition und islamische Werte (die übrigens ebensoviel "christliche" Nächstenliebe enthalten, wie andere Religionen auch) - viele der Einwanderer der ersten und zweiten Generation kamen aus armen, sehr religiösen Gegenden der Türkei. Für Sie war Istanbul genauso weit weg wie Europa und sie sahen die Chance in den großen Städten. Die Welt um Sie herum veränderte sich in den letzten 30-40 Jahren drastisch. Sie selbst waren weniger willkommen, der Islam wurde unbeliebter, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt kleiner. Und die Crux dieser türkischstämmigen Gesellschaft war, dass sie in der Türkei schnell als die unbeliebten, mit ausländischem Geldum sich werfenden, Angeber verschrien waren. Heimatlos also auch in der Heimat.
Was blieb als Rückzug? Die Gemeinschaft, die Subkultur, die Klein-Istanbuls dieser Welt und die Moschee. Die Integrationsversuche 2009 hätten 1979 vielleicht fruchtbaren Boden gefunden, ob sie es heute tun ist fraglich.
Daher stimme ich allen deinen Punkten zu. Vor allem glaube auch ich, dass der Integrationsgrad (also inwiefern jemand die Sprache beherrscht, einen Job und Freundeskreis hat) ausschlaggebend sein sollte. Meine Großeltern haben einen Gasthof, in dem für Jahre ein vietnamesischer Küchenhelfer arbeitete. Er kam bereits als Jugendlicher und gehörte fast schon zur Familie. Nach einigen Jahren wurde er binnen drei Wochen abgeschoben und musste in den Vietnam zurück. Er war von dort als Kind geflohen, hatte keine Familie und Freunde und sprach Deutsch besser als seine "Muttersprche". Alle Einsprüche auch die meiner Großeltern, die sich für ihn verbürgt hätten, halfen nichts. Er musste gehen und durfte nicht wieder nach Deutschland einreisen.
Solche Fälle sind es, die vermieden werden müssen. Ich danke dir, von Wirtschaftsflüchtling zu Wirtschaftsflüchtling, für diesen Denkanstoß. Ich hoffe selbst, dass - vielleicht auch mit der Hilfe türkischstämmiger Politiker und auch Sportler (Ümit Korkmaz für Österreich, Eren Derdiyok für die Schweiz, Mesut Özil und Serdar Tasci für Deutschland) - in Zukunft eine tiefere Integration der "älteren" Immigranten erreicht werden kann. Persönlich glaube ich aber, dass die IMMIGRATIONSpolitik selbst ein wichtiger Punkt ist, die INTEGRATIONSpolitik jedoch noch wichtiger.
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