Ich wollte etwas aufregendes erleben? Dann habe ich mit Teheran definitiv die richtige Wahl getroffen! Das ist wirklich nichts für schwache Nerven. Mit Flug und Visum hat alles sehr gut geklappt. Fun Fact hierzu: Es ist verboten, Alkohol in den Iran einzuführen – was einige junge Damen, die ihr Kopftuch erst kurz vor dem Checkout wieder aufgesetzt haben, nicht weiter gestört hat. Erstes Überraschungsmoment war erst, als ich nach dem Gepäckband ein paar Euro wechseln wollte. Ich war nicht nur plötzlich Millionär, sondern bekam auch ein Bündel mit hundert 10.000-Rial-Scheinen in die Hand gedrückt. Mit einem normalen Geldbeutel kommt man hier nicht wirklich weit.
Also auf zum Taxi. Der Fahrer sprach kein Wort Englisch, war aber sehr nett und mit ein paar türkischen Wörtern konnte er mir zumindest Grundlagen Farsi beibringen. Und für iranische Verhältnisse fuhr er human. Das heißt, wir hatten nur zweimal fast einen Unfall und fuhren innerorts „nur“ 100 statt den 120 einiger anderer Verkehrsteilnehmer. Wenn ich dachte Istanbul oder Shanghai waren vom Verkehr her schon tödlich – Teheran ist zehn mal schlimmer!
Im Hotel angekommen. Die nächste freudige Botschaft: Man hat hier keine Buchung von HRS bekommen und hat kein Zimmer mehr frei. Da stand ich also – gegen Mitternacht – in einem Land wie dem Iran ohne Dach über dem Kopf und mit drei Wörtern in Landessprache und einem Bündel undefinierbarer Geldscheine im Gepäck. Zum Glück war der Nachtportier im Hotel super nett – wie eigentlich fast alle Iraner, die ich bisher kennen gelernt habe – und hat eine halbe Stunde herumtelefoniert um mir ein Zimmer zu organisieren. Dann hat er sich tausendmal entschuldigt, weil es kein Hotel der gleichen Kategorie mehr gab und er mich in ein Hotel mit Gemeinschaftsbad auf dem Gang umbuchen musste. Aber ich solle doch morgen wiederkommen und er werde sehen, was sich dann machen lässt. Angekommen in der Absteige wollte ich nur noch schlafen und am nächsten morgen bin ich, nachdem die Rezeption um 7:45 alle Zimmer angerufen hat, um mitzuteilen, dass es jetzt Frühstück gibt, zurück zum ersten Hotel gefahren.
Leider gab es dort auch für heute kein Zimmer, aber der freundliche Nachtrezeptionist versprach, mir ein gleichwertiges Hotel zu organisieren und fragte nach meinen Plänen für heute. Als ich ihm dann ein paar Sehenswürdigkeiten nannte und fragte, ob es Stadttouren gäbe meinte er, dass ich das a) nicht allein machen könne und b) es Stadttouren nur gegen Voranmeldung gab. Da ich in diesem Moment wohl etwas desillusioniert aussah, bot er an, mich selbst ein wenig herumzuführen, da seine Schicht gerade zu ende war, und versprach mir einen fairen Preis. Ich war dabei!
Reza, der Rezeptionist, ist ein sehr netter Kerl. Ich glaube ohne ihn wäre ich in Teheran absolut verloren! Los ging es Richtung Bus. Auch hier gibt es einen extra Frauenbereich – im Iran ist dieser sogar mit einer Eisenstange vom Männerbereich getrennt. Wir fuhren zum Saadabat Palast, in dem der letzte Schah von Persien bis zur Revolution gelebt hat. Der Palast ist eigentlich eher ein Park mit verschiedenen Häusern, die Museen beherbergen. Im ersten, einem Museum für iranische Handwerkskunst erzählte mir Reza die Geschichte zu einer der Figuren. Grob ging es darum, dass ein Vater seinen Sohn aus den Augen verloren hat und ihn nach 20 Jahren wieder trifft, ihn allerdings nicht erkennt und im Zweikampf tötet. Ödipus einmal andersherum. Kommentar Reza: „Very sweet story“ - und ich dachte schon iranischer Humor wäre etwas komisch. Als er mir dann noch, auf dem Weg zu einem Militärmuseum einen Witz erzählte in dem es um einen Iraker im Iran-Irak-Krieg ging, der beide Beine verloren hat und dem trotzdem noch der Arm abgeschlagen wurde, habe ich mir langsam Sorgen um das Land gemacht. Nachdem wir dann allerdings in dem Museum einige Waffen besichtigt haben und Reza sichtlich gerührt „How many people must have died by this weapons?“ fragte und erzählte, dass er in seinem Wehrdienst einen aggressiven Hund erschießen sollte und zwei Tage Haft bekommen hat, weil er es nicht konnte, habe ich ihm auch den makaberen Witz verziehen.
Montag ist im Iran außerdem Schulausflugstag, weshalb sämtliche Kinder Teherans – streng nach Geschlechtern getrennt – in den Museen und Parks unterwegs sind. Irgendwie ist der Iran ein komisches islamisches Land. Hier laufen zwar keine Frauen in Burka herum – eigentlich tragen hier alle Frauen ihr Kopftuch sehr modisch – dafür tragen schon die kleinen Mädchen eines.
Weiterhin habe ich gelernt, dass es im Iran die Automarke „Samant“ gibt, die bis auf wenige Zulieferteile komplett im Iran gefertigt wird. Allgemein scheinen die Iraner sehr stolz auf alles zu sein, was aus ihrem Land kommt.
Anschließend ging es zum Borj Milat (Volksturm), dem drittgrößten Aussichtsturm der Welt. Leider war dieser nicht geöffnet, aber schon allein von unten sah er sehr beeindruckend aus. Am Mejdani Azadi, dem Unabhängigkeitsdenkmal, kam ich dann trotzdem noch zu meinem Blick über Teheran. Im dazugehörigen Museum zeigen sich noch mehr die Kontraste in diesem Land. Zwar scheint vieles hier sehr unmodern und heruntergekommen, aber dann steht man plötzlich in einem Museum vor Infoterminals mit Touchscreen, die einem die Informationen zur Ausstellung per Bluetooth direkt auf das Handy schicken. O schöne neue Welt, die solche Kinder trägt.
Auf dem Rückweg kamen wir dann noch an ein paar Gauklern vorbei, die Tricks aufgeführt haben. Was bei uns die Jungs mit den Panflöten und Ponchos sind, sind hier die Kerle mit den Giftschlangen und Ketten. Reza fand es jedenfalls sehr interessant, aber der hat wahrscheinlich keine so große Angst vor Schlangen, wie ich. Aber ich habe es mir angesehen und Fotos gemacht. Was mich nicht umbringt, macht mich nur noch stärker. ;-)
Ohne Reza wäre ich heute vollkommen verloren gewesen. Also Tipp für alle, die demnächst das Trendziel Teheran besuchen wollen. Organisiert euch vorher einen Guide. Ich gebe euch gerne Rezas Nummer. Teheran Tag 1 – ich lebe noch.
Bilder folgen. Klappt leider im Flughafennetz von Doha nicht...
Kommentare zu den Bildern:
1) Plötzlich Millionär
2)Schulausflug ins Museum
3)Labu eine iranische Spezialität - Rote Beete in süsslich, sehr lecker
4) Am Mejdani Azadi
5)Ich mag keine Schlangen...hab ich das schon erwähnt? ;-)
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